Die ungarische Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orban hat sich hohe Ziele für ihre Ratspräsidentschaft gesetzt. Orban möchte die EU wieder zu einer starken und einflussreichen Macht in der Welt machen. Dabei orientiert er sich offensichtlich an Donald Trumps Motto, der während seiner Amtszeit als US-Präsident ebenfalls auf eine nationalistische und protektionistische Politik setzte. Orban will die Interessen seines Landes und seiner Regierung innerhalb der EU stärker vertreten.
Brüssel ist skeptisch gegenüber Ungarns Ratspräsidentschaft und betrachtet Orban mit Vorsicht. Der ungarische Ministerpräsident wird innerhalb der EU als autoritärer Regierungschef wahrgenommen, der die demokratischen Werte der EU nicht ausreichend respektiert. Insbesondere in Fragen der Rechtsstaatlichkeit und der Pressefreiheit steht Ungarn immer wieder in der Kritik. Die EU wird Orban daher genau beobachten und mögliche Verstöße gegen europäische Werte und Prinzipien nicht unbeachtet lassen.
Trotz der Bedenken in Brüssel gegenüber Orban hat die ungarische Regierung die Ratspräsidentschaft mit klaren Zielen übernommen. Orban will sich in den kommenden Monaten für eine Stärkung der EU in internationalen Angelegenheiten einsetzen. Dabei geht es ihm vor allem um die Sicherung der europäischen Interessen in den Handelsbeziehungen zu anderen Ländern und um die Verteidigung der europäischen Werte gegenüber autoritären Regimen. Ungarn setzt sich außerdem für eine engere Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten in Fragen der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik ein.
Budapest sieht die Ratspräsidentschaft als Chance, um die eigenen Positionen innerhalb der EU zu stärken und das Land als wichtigen Akteur in Europa zu etablieren. Orban möchte sein Land als Brückenbauer zwischen Ost- und Westeuropa positionieren und die Zusammenarbeit der EU mit den Visegradstaaten intensivieren. Dabei setzt Ungarn auch auf die wirtschaftliche Entwicklung der Region und will sich für Investitionen und Infrastrukturprojekte einsetzen, um das Wachstum in Mittel- und Osteuropa anzukurbeln.
Die ungarische Ratspräsidentschaft wird auch im Hinblick auf die anstehenden Herausforderungen in der EU eine wichtige Rolle spielen. Die EU steht vor großen Aufgaben, darunter die Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie, die Weiterentwicklung des europäischen Grünen Deals und die Stärkung des gemeinsamen Auftretens in der Weltpolitik. Orban und seine Regierung werden in den nächsten Monaten daran gemessen werden, wie erfolgreich sie diese Herausforderungen angehen und ob sie dazu beitragen können, die EU wieder zu einer «grossartigen» Macht in der Welt zu machen.
Insgesamt wird die ungarische Ratspräsidentschaft unter Viktor Orban also sowohl mit Skepsis als auch mit Erwartungen betrachtet. Die kommenden Monate werden zeigen, ob Ungarn seine Ziele innerhalb der EU umsetzen kann und welche Rolle das Land in der Weiterentwicklung der europäischen Union spielen wird. Orban selbst hat angekündigt, die EU «wieder grossartig machen» zu wollen – es bleibt abzuwarten, ob ihm dies gelingen wird und ob die EU seinen Kurs unterstützen wird.